Osteopathie, abgegeben durch Physiotherapeuten –
Urteil des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 08.09.2015
Ein aktuelles Urteil des Oberlandesgerichts Düsseldorf sorgt für große Unruhe im Kollegenkreis, insbesondere bei den Kollegen, die Osteopathie abgeben oder mit Osteopathie werben.
Das Oberlandesgericht Düsseldorf hat ein Urteil des Landgerichts Düsseldorf mit folgendem Tenor bestätigt:
"Dem Beklagten wird unter Androhung näher bezeichneter Ordnungsmittel verboten, berufs- oder gewerbsmäßig die Ausübung der Osteopathie anzukündigen und / oder die Osteopathie
auszuüben, es sei denn, der Beklagte ist ärztlich bestallt oder im Besitz einer Erlaubnis für die Ausübung der Heilkunde gem. § 1 Heilpraktikergesetz."
Hintergrund dieser wettbewerbsrechtlichen Streitigkeit:
Die Arbeitsgemeinschaft Wettbewerb - AGW e. V. hatte einen Physiotherapeuten, der mit einer ärztlichen Verordnung Osteopathie abgab, auf Unterlassung verklagt.
Bedeutung des Urteils:
Ein Urteil auf dem Gebiet des Zivilrechts wirkt zwischen den Beteiligten, d.h. konkret zwischen dem oben bezeichneten Wettbewerbsverband und dem verklagten Physiotherapeuten.
Das Urteil des Landgerichts Düsseldorf bzw. des Oberlandesgerichts Düsseldorf beinhaltet infolgedessen nicht ein generelles Verbot der Abgabe osteopathischer Leistungen oder aber ein Verbot
entsprechender Werbemaßnahmen.
Aus dem oben genannten Urteil ist eine Vollstreckung, d.h. die Durchsetzung des Unterlassungsanspruchs, nur für den dortigen Kläger möglich.
Aber:
Es ist zu befürchten, dass sich auf Abmahnungen spezialisierte Rechtsanwälte auf Basis des oben zitierten Urteils die Branchenbücher, Homepages und sonstigen Veröffentlichungen im Kollegenkreis
durchsehen und kostenpflichtige Abmahnschreiben verfassen. Hier können Abmahnkosten zwischen € 200,00 und € 1.500,00 entstehen. Werden derartige Abmahnschreiben ignoriert, kann es auch in Bayern
zu einer Klage kommen, die mit großer Wahrscheinlichkeit nicht abgewehrt werden kann.
Ein entsprechendes Urteil aus Bayern liegt noch nicht vor.
Es muss aber damit gerechnet werden, dass im Fall der Einreichung einer Klage in Bayern kein anderes Ergebnis heraus käme als im Verfahren vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf.
Die Tatsache, dass osteopathische Leistungen auf Basis einer ärztlichen Verordnung von gesetzlichen Krankenkassen vergütet werden, ändert nichts an der grundlegenden Situation (s.o.).
Individuelle Risikoeinschätzung erforderlich:
1.Wer Osteopathie - auch mit ärztlicher Verordnung - ohne Risiko bewerben und abgeben will, muss eine Heilpraktikererlaubnis haben. Eine Teilheilpraktikererlaubnis für Physiotherapie
reicht nicht aus.
2.Wer ohne eine Heilpraktikererlaubnis - auch mit ärztlicher Verordnung - osteopathische Leistungen bewirbt und abgibt, riskiert, dass er zur Abgabe einer Unterlassungserklärung aufgefordert wird
und Abmahnkosten bezahlt.
3.Wer als Physiotherapeut ohne Heilpraktikererlaubnis für osteopathische Leistungen wirbt und nicht das Risiko einer Abmahnung und einer Zahlungsverpflichtung eingehen will, sollte die Werbung
mit Osteopathie bzw. Osteopathie-Maßnahmen (z.B. Craniosacrale Therapie) einstellen.
Das bedeutet: Einstellung der Osteopathie-Werbemaßnahmen auf der Praxishomepage und z.B. Praxis-Facebookseite, Einstellung der Osteopathie-Werbemaßnahmen in der Praxisfirmierung, auf Briefkopf,
Praxisschild, Fenster -, Autowerbebeschriftung, Visitenkarten, etc..
Rechtliche Bewertung:
Die Argumentation des Oberlandesgerichts Düsseldorf ist juristisch nachvollziehbar und nicht abwegig, wenngleich für manche Kollegen sehr einschneidend. Die juristische Argumentation mit dem aus
den 30er Jahren stammenden Heilpraktikergesetz ist juristisch umstritten.
Verbandsintern:
Vor unserer heutigen Mitteilung haben sich die verantwortlichen Vorstände sehr genau überlegt, ob das Ergebnis des Gerichtsverfahrens in Nordrhein-Westfalen überhaupt publiziert bzw.
"breitgetreten" wird. Auch aus anderen Rechtsgebieten ist bekannt, dass Einzelfall-Urteile trotz theoretisch überregionaler Bedeutung keine Breitenwirkung erfahren. Es ist infolgedessen durchaus
denkbar, dass sich an der derzeitigen=bisherigen Situation in Bayern nichts ändert. Unser Verband sieht sich jedoch - auch unter Berücksichtigung der Publikationen anderer Marktteilnehmer -
verpflichtet, auf die Urteile aus Nordrhein-Westfalen und die sich hieraus ergebenden Gefahren hinzuweisen.